Goldene Kamera Cannes 1997, Viennale Publikumspreis 1997
„Alle Pflanzen sterben, auch die stärksten müssen einmal sterben.“, hört man den Biologielehrer Mirishus mitten im Film sagen, wodurch die Kernaussage dieses Werkes getätigt wäre.
Die erst 27 jährige japanische Filmemacherin Naomi Kawase nähert sich in ihrem Spielfilmerstling SUZAKU auf dokumentarische Weise dem Leben in einem kleinen, abgeschiedenen japanischen Dorf, namens Nishiyoshino-Mura, am Südende der Präfektur Nara gelegen, das Anfang der 70er von der Rezession geplagt von vielen Bewohnern verlassen wird. Kozo Tahara bleibt mit seiner Familie als einer der wenigen.
15 Jahre später ernährt der inzwischen erwachsene Eiusku, der Neffe Kozos, die Familie und bildet in der untergehenden Dorfstruktur und den daraus resultierenden familiären Veränderungen den Ruhepol. Kozo scheint die letzten Jahre nicht verkraftet zu haben und wirkt zusehends apathisch, seine Tochter Mirishu kämpft mit ihren Gefühlen zu Cousin Eisuko, und Mutter Yashuto versucht sich wieder in der Arbeitswelt zurechtzufinden. Nach dem freiwilligen ausscheiden Kozos zerbricht auf dem zerbrechenden dörflichen Strukturen die familiäre Struktur der Taharas.
Kawase zeigt in einem bestechend langsamen Tempo wie sich das Zusammenleben von Menschen verändert, wie Individuen mit Problemen umgehen, wie Schwache damit nicht fertig werden, Starke ihr Leben meistern, wie tiefgreifend die Auswirkungen von Projekten, die größere Gemeinschaften betreffen, sein können. Ist ein Eisenbahnanschluß für ein kleines Dorf eine sauerstoffreiche Arterie, ein Fluß mit lebensnotwendigem Wasser, die Zufuhr von essentiellen Spurenelementen?
In einer genialen Mischung, wollen wir sie poetische Dokumentation nennen, führt uns Kawase vor Augen, daß Menschen im Grunde genommen nicht anders sind als Pflanzen; es kommt nur auf die Perspektive an. Manche sind stärker, manche schwächer, alle altern, alle sterben schließlich irgendwann. Ich würde zur Einstimmung auf diesen Film einen Besuch im pathologischen Museum Wien, im Narrenturm, empfehlen; weiters ist die von David Attenborough erzählte BBC Dokumentation The Secret Life of Plants eine interessante Ergänzung.
SUZAKU hat nicht umsonst 1997 die Goldene Kamera in Cannes und den Publikumspreis der Viennale gewonnen.