The Straight Story by David Lynch, USA 1999
Der 73-jährige Alvin lebt mit seiner Tochter Rose in einem langweiligen Kaff in Iowa. Selbst schon schwer vom Alter gezeichnet erfährt er per Telephonanruf vom Schlaganfall seines ungefähr gleich alten Bruders Lyle, der in einem 350 Meilen entfernten Dorf in Wisconsin auf der anderen Seite des mächtigen Missisippi wohnt.
Nach langem Gedankenwälzen entschließt sich Alvin, das zehn Jahre dauernde Schweigen zwischen den beiden zu brechen und seinen Bruder zu besuchen. Um seinem Ziel gerecht zu werden, wählt er jedoch einen wahrlichen Cannossagang. Nicht im Besitz eines Führerscheins seiend, trotzdem den Weg des selbständigen Individuums gehen wollend, scheiden eine simple Busfahrt oder ein Autostop a priori aus. Alvin schweißt sich einen kleinen Wohnwagen und mobilisiert seinen Rasenmäher. Sein erster gibt schon im nächsten Ort den Geist auf, doch Alvin kehrt fest entschlossen in sein Dorf zurück und verwendet die ihm zur Verfügung stehenden 325US$, um sich (Landwirten sicher ein Begriff) einen John Deere, Baujahr 1966, zu kaufen. Mit diesem Gespann macht er sich abermals auf den Weg, und somit beginnt ein definitiv langsames Road-Movie.
Auf seiner mehrwöchigen Reise macht Alvin unzählige Stationen, immer in seinem Wohnwagen nächtigend, lernt verschiedenste Menschen kennen und gibt jenen, die dafür offen sind seine Erfahrungen, sein weises Alter weiter.
Ich habe inzwischen schon öfters gehört, dies sei ein für Lynch untypischer Film. Ich kann dem nicht zustimmen. Lynch spielt in seinen Filmen immer mit der Zeithorizontalen. Er gestaltet diese immer anders als wir sie in unserer Realität erleben. In Lost Highway glaubte man mit dem Tempo nicht mithalten zu können. In The Staight Story arbeit Lynch mit dem gleichen Prinzip, jedoch in die entgegengesetzte Richtung: Alles erscheint unglaublich langsam. Alles wird unglaublich bewußt.
Der abgewrackte Rasenmähertraktor des Alvin ist die Metapher für sein Alter und die Nicht-Geschwindigkeit, in der er lebt. Die Jugend braust sogar am Rad an ihm vorbei; er, der er sich nicht einmal mehr ohne Stock bewegen kann, rumpelt auf seinem Gefährt fünf Kilometer in der Stunde dahin. In der Atmosphäre des absterbenden Herbstes unter den Klängen einer angenehm euthanasierenden Musik beschreitet Alvin Straight seinen letzten Weg. Um sein Leben straight zu biegen.
Was ist die Botschaft des David Lynch? Lebe dein Leben gelassen in jenem Takt, der deiner tranquilitas entspricht? Vergiß nie, dich zur rechten Zeit mit den Deinen zu versöhnen, denn es könnte einmal zu spät sein? Werde nie alt; wer alt ist, wird von der Vergangenheit erdrückt? Egal, wie alt du wirst, versuche nichts unabgeschlossen zu lassen? Für jeden Fehler, den ich in meinem Leben beging, muß ich die Bürde des Yang auf mich nehmen, um den Kreis der inneren Zufriedenheit und Ausgewogenheit zu schließen? Rhetorische Fragen implizieren die Antwort. [kw191009]
Der 73-jährige Alvin lebt mit seiner Tochter Rose in einem langweiligen Kaff in Iowa. Selbst schon schwer vom Alter gezeichnet erfährt er per Telephonanruf vom Schlaganfall seines ungefähr gleich alten Bruders Lyle, der in einem 350 Meilen entfernten Dorf in Wisconsin auf der anderen Seite des mächtigen Missisippi wohnt.
Nach langem Gedankenwälzen entschließt sich Alvin, das zehn Jahre dauernde Schweigen zwischen den beiden zu brechen und seinen Bruder zu besuchen. Um seinem Ziel gerecht zu werden, wählt er jedoch einen wahrlichen Cannossagang. Nicht im Besitz eines Führerscheins seiend, trotzdem den Weg des selbständigen Individuums gehen wollend, scheiden eine simple Busfahrt oder ein Autostop a priori aus. Alvin schweißt sich einen kleinen Wohnwagen und mobilisiert seinen Rasenmäher. Sein erster gibt schon im nächsten Ort den Geist auf, doch Alvin kehrt fest entschlossen in sein Dorf zurück und verwendet die ihm zur Verfügung stehenden 325US$, um sich (Landwirten sicher ein Begriff) einen John Deere, Baujahr 1966, zu kaufen. Mit diesem Gespann macht er sich abermals auf den Weg, und somit beginnt ein definitiv langsames Road-Movie.
Auf seiner mehrwöchigen Reise macht Alvin unzählige Stationen, immer in seinem Wohnwagen nächtigend, lernt verschiedenste Menschen kennen und gibt jenen, die dafür offen sind seine Erfahrungen, sein weises Alter weiter.
Ich habe inzwischen schon öfters gehört, dies sei ein für Lynch untypischer Film. Ich kann dem nicht zustimmen. Lynch spielt in seinen Filmen immer mit der Zeithorizontalen. Er gestaltet diese immer anders als wir sie in unserer Realität erleben. In Lost Highway glaubte man mit dem Tempo nicht mithalten zu können. In The Staight Story arbeit Lynch mit dem gleichen Prinzip, jedoch in die entgegengesetzte Richtung: Alles erscheint unglaublich langsam. Alles wird unglaublich bewußt.
Der abgewrackte Rasenmähertraktor des Alvin ist die Metapher für sein Alter und die Nicht-Geschwindigkeit, in der er lebt. Die Jugend braust sogar am Rad an ihm vorbei; er, der er sich nicht einmal mehr ohne Stock bewegen kann, rumpelt auf seinem Gefährt fünf Kilometer in der Stunde dahin. In der Atmosphäre des absterbenden Herbstes unter den Klängen einer angenehm euthanasierenden Musik beschreitet Alvin Straight seinen letzten Weg. Um sein Leben straight zu biegen.
Was ist die Botschaft des David Lynch? Lebe dein Leben gelassen in jenem Takt, der deiner tranquilitas entspricht? Vergiß nie, dich zur rechten Zeit mit den Deinen zu versöhnen, denn es könnte einmal zu spät sein? Werde nie alt; wer alt ist, wird von der Vergangenheit erdrückt? Egal, wie alt du wirst, versuche nichts unabgeschlossen zu lassen? Für jeden Fehler, den ich in meinem Leben beging, muß ich die Bürde des Yang auf mich nehmen, um den Kreis der inneren Zufriedenheit und Ausgewogenheit zu schließen? Rhetorische Fragen implizieren die Antwort. [kw191009]