The creation of something new is not accomplished by the intellect but by the play instinct acting from inner necessity. The creative mind plays with the object it loves. [Carl Gustav Jung]
[der junge Stefan Zweig beobachtet den Bildhauer Rodin]
Das ging eine Viertelstunde, eine halbe Stunde, ich Weiss nicht mehr, wie lange. Grosse Augenblicke sin dimmer jenseits der Zeit. Rodin war so vertieft, so versunken in seine Arbeit, das skein Donner ihn erweckt hätte. Immer härter, fast zorniger wurden seine Bewegungen; eine Art Wildheit oder Trunkenheit war über ihn gekommmen, er arbeitet rascher und rascher. Dann wurden die Hände zögernder. Sie schienen erkannt zu haben: es gab für sie nichts mehr zu tun. Einmal, zweimal, dreimal trat er zurück, ohne mehr zu ändern. Dann murmelte er etwas leise in den Bart, legte zärtlich, wei man einen Shawl um die Schultern einer geliebten Frau legt, die Tücher um die Figur. Er atmete auf, tief und entspannt. Seine Gestalt schien wieder schwerer zu werden. Das Feuer war erstorben. Dann kam das Unfassbare für mich, die große Lehre: er zog den Kittel aus, nahm weider die Hausjacke auf und wandte sich zum Gehen. Er hatte mich total vergessen in dieser Stunde der äußersten Konzentration. Er wußte nicht mehr, daß ein junger Mensch, den er doch selbst in das Atelier geführt, um ihm seine Werkstatt zu zeigen, erschüttert hinter ihm gestanden hatte mit gepreßtem Atem, unbeweglich wie seine Statuen.
Er trat zur Türe. Wie er sie abschließen wollte, entdeckte er mich und starrte mich fast böse an: wer war dieser junge fremde Mensch, der sich eingeschlichen hatte in sein Atelier? Aber im nächsten Augenblick erinnerte er sich und kam fast beschämt auf mich zu. Pardon, Monsieur, began er. Abe rich ließ ihn nicht weitersprechen. Ich faßte nur dankbar seine Hand: am liebsten hätte ich sie geküßt. In dieser Stunde hatte ich das ewige Geheimnis aller großen Kunst, ja eigentlich jeder irdischen Leistung aufgetan gesehen: Konzentration, die Zusammenfassung aller Kräfte, aller Sinne, das Außer-sich-Sein, das Außer-der-Welt-Sein jedes Künstlers. Ich hatte etwas gelernt für mein ganzes Leben.
Das ging eine Viertelstunde, eine halbe Stunde, ich Weiss nicht mehr, wie lange. Grosse Augenblicke sin dimmer jenseits der Zeit. Rodin war so vertieft, so versunken in seine Arbeit, das skein Donner ihn erweckt hätte. Immer härter, fast zorniger wurden seine Bewegungen; eine Art Wildheit oder Trunkenheit war über ihn gekommmen, er arbeitet rascher und rascher. Dann wurden die Hände zögernder. Sie schienen erkannt zu haben: es gab für sie nichts mehr zu tun. Einmal, zweimal, dreimal trat er zurück, ohne mehr zu ändern. Dann murmelte er etwas leise in den Bart, legte zärtlich, wei man einen Shawl um die Schultern einer geliebten Frau legt, die Tücher um die Figur. Er atmete auf, tief und entspannt. Seine Gestalt schien wieder schwerer zu werden. Das Feuer war erstorben. Dann kam das Unfassbare für mich, die große Lehre: er zog den Kittel aus, nahm weider die Hausjacke auf und wandte sich zum Gehen. Er hatte mich total vergessen in dieser Stunde der äußersten Konzentration. Er wußte nicht mehr, daß ein junger Mensch, den er doch selbst in das Atelier geführt, um ihm seine Werkstatt zu zeigen, erschüttert hinter ihm gestanden hatte mit gepreßtem Atem, unbeweglich wie seine Statuen.
Er trat zur Türe. Wie er sie abschließen wollte, entdeckte er mich und starrte mich fast böse an: wer war dieser junge fremde Mensch, der sich eingeschlichen hatte in sein Atelier? Aber im nächsten Augenblick erinnerte er sich und kam fast beschämt auf mich zu. Pardon, Monsieur, began er. Abe rich ließ ihn nicht weitersprechen. Ich faßte nur dankbar seine Hand: am liebsten hätte ich sie geküßt. In dieser Stunde hatte ich das ewige Geheimnis aller großen Kunst, ja eigentlich jeder irdischen Leistung aufgetan gesehen: Konzentration, die Zusammenfassung aller Kräfte, aller Sinne, das Außer-sich-Sein, das Außer-der-Welt-Sein jedes Künstlers. Ich hatte etwas gelernt für mein ganzes Leben.